2. Etappe Riga nach Tallinn 01. -14. Juni 2015
Am Montag, 01. Juni 2015 ist die nunmehr 2-köpfige Besatzung Richtung Tallinn gestartet.
Wir haben strahlenden Sonnenschein und ca. 5 Windstärken.
Jochen montiert das neue Solarpaneel um die Batterien aufzuladen, funktioniert alles prima.
Der erste Hafen den wir anlaufen heisst Koivizi.
Das ist der letzte lettische Hafen vor der estnischen Grenze.
Ausser uns liegt nur noch ein lettischer Segler im Hafen der uns gleich freundlich beim anlegen hilft.
Es gibt hier ein riesiges neues Gebäude des örtlichen Segelvereins – mit Sauna.
Ausserdem noch ein ganz neu gebautes Hotel mit Restaurant, sieht alles ein bisschen überdimensioniert aus.
Ins Restaurant gehen wir Abendbrot essen – Natascha testet – wie immer wenn die Karte es anbietet – die Fischsuppe.
Die hier ist ausserordentlich gut.
Am Abend nutzt Natascha noch die Chance ganz alleine in eine lettische Sauna zu gehen.
Am Dienstag Morgen ist der Wind ganz eingeschlafen, wir motoren bei ca. 1 Windstärke nach Kihnu – eine kleine estnische Insel im Rigaer Golf. Grenzkontrollen gibt es keine und es scheint manchmal so als ob wir überhaupt das einzige Boot auf dem weiten Meer sind.
Trotzdem haben wir natürlich vorschriftsmäßig den estnischen Stander gesetzt und im Hafen wurde sofort die deutsche Flagge gehißt.
Mit unseren tollen neuen Bordfahrrädern haben wir die Insel erkundet und noch eingekauft was die hiesigen Lädchen so hergaben.
Jochen ist dabei fast in eine Blitzerfalle geraten ;-).
Auf dieser Insel scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Wenn man dringend entschleunigen will – hier schafft man es am allerschnellsten!!!!
Die Natur ist schon sehr nordeuropäisch, viele Bäume gibt es in kleinerem Format, Kastanienbäume sehen eher wie große Sträucher aus.
Am Wegrand entdeckten wir schöne Blumen und blühende Walderdbeeren (dafür sind wir leider zu früh hier).
Da es am Mittwoch früh (Wettervorhersage stimmt zufällig) mit 6-7 Windstärken durch den Hafen weht haben wir einen weiteren Inseltag beschlossen.
Toll was durch EU-Gelder an Infrastruktur alles möglich ist, hier ein interaktives Display im Hafen, leider nur völlig unverständlich da auf estnisch.
Hier auf der Insel soll es auch Robben geben, nach einem ausführlichen Strandspaziergang können wir dies bestätigen. Das Foto der toten Robbe will ich aber keinem antun.
Am Donnerstag hat der Wind etwas nachgelassen und wir segeln mit der kleinen Selbstwendefock und Groß Richtung Norden. leider dreht der Wind auf Nordwest so das wir erstmals in diesem Urlaub einige Wenden fahren müssen.
Wir haben ordentliche Kränkung so das immer eines der beiden Seitenruder aus dem Wasser kommt. Natascha übersteht den Tag so einigermassen (Cocculus D6 sei dank).
Um nicht noch weiter Kreuzen zu müssen laufen wir nicht unseren Wunschhafen sondern eine Marina in einem Fährhafen Virtsa an, wir sind die einzigen Gäste. Hier wird durch die Fähren ordentlicher Schwell erzeugt, also morgen früh nichts wie weiter einen schöneren Hafen suchen.
Am Freitag, 05.06.2015 laufen wir nachmittags die sehr schöne Grand Holm Marina in Haapsalu an (15Euro Liegegebühr). Wir hatten den ganzen Tag gutes Segelwetter und sind nur unter Genua und mit wenigen Halsen bei ca. 5Bft und 5-8kn Geschwindigkeit ganz entspannt gesegelt.
Abendstimmung in der Grand Holm Marina (23.30Uhr!).
Wir machen uns noch auf den Weg in die Stadt um ein paar frische Lebensmittel zu kaufen. Auf der Insel Kihnu gab es zwar Gurken, Tomaten und Paprika aber keine Kartoffeln und Mohrrüben. Unsere Fahrräder sind wahre Packesel. Schönen Dank nochmal an die Familie für den total praktischen Fahrradkorb.
Am Abend wird in der Marina Saisoneröffnung gefeiert – d.h. Disco und eine Promotion. Lauter Männer im Anzug springen mit Autopolitur um einen weissen Volvo V70 rum der direkt an die Pier gefahren wurde. Eine Reihe Fotographen halten dieses Ereignis im Bild fest. Und die Hostessen fehlen auch nicht.
Dieses echte Dampfboot fährt mit Gästen vor dem Hafen hin und her. Es tutet sogar wie eine Lokomotive, hört man hier leider nicht.
Für die Sehenwürdigkeiten der Stadt nehmen wir uns noch einen Tag Zeit.
Wir treffen sympathische Menschen in Haapsalu – heissen die eigentlich Haapsaluner?
Wir besichtigen den inzwischen stillgelegten Bahnhof von Haapsalu, der zur Zeit seines Baus 1907 den längsten überdachten Bahnsteig hatte – 216m. Das hatte auch seinen Grund, denn schliesslich kam der russische Zar nach Haapsalu um hier mit Schlammbädern zu kuren.
Wer sich die Mühe macht die Beschreibung rechts zu lesen erfährt, das dies eine deutsche Wehrmachts-Lok ist, die nach dem 2.Weltkrieg in die Sowjetunion und später nach Estland gelangt ist.
Und für alle Freunde der Eisenbahn noch ein schönes Bild aus dem Museum:
Hier gibt es die Geschichte hinter dem Bild. Kurzfassung: Lok rangiert, überfährt alle Haltepunkte, schiebt den Prellbock weg und fährt ins Meer. Niemand wird verletzt aber Triebfahrzeugführer und Gehilfe riechen verdächtig nach Alkohol und haben einen unsicheren Stand (The smell of vodka was clearly felt at them, their standing was not firm, both had the pulse 132).
Wir besichtigen noch die alte Burganlage aus dem 13.Jahrhundert. Sehr schön restauriert mit sinnvoll eingesetzten EU-Mitteln. Jochen wollte es nicht glauben, aber diese Burg hat schon ganz andere Angreifer abgehalten.
Zum Abschluss des Tages besuchen wir noch das italienische Weinfest auf der Promenade.
Wer hätte gedacht das sich die Esten für Wein begeistern lassen. Aber er scheint zu schmecken – uns auch!
Für unsere künftigen Mitsegler haben wir auch ein bißchen was eingekauft!
Kursaal an der Strandpromenade von 1898
Die Wetterprognose für morgen ist nicht gut. Sie schwankt je nach Anbieter zwischen 20 und 30kn Wind. Wír werden morgen früh noch mal gucken. So eilig haben wir es nicht.
Sonntag, 07.06.2015 – wir sind immer noch in Haapsalu. Die Wetterprognose war richtig. Wir sind hier sehr geschützt in einem Seitenarm, aber auch hier bläst es in Böen mit über 20kn.
Also nochmal Haapsalu gucken, ohne Weinfest.
Wir fahren mit unseren Fahrrädern wieder die nun fast menschenleere Promenade lang und stossen auf ein sehr hübsches Restaurant – Hugo’s. Und es gibt auch wirklich Fischsuppe.
Wieder seeehr lecker.
Wir besteigen noch einen Aussichtsturm, finden auf dem Friedhof viele alte Gräber mit deutschen Inschriften, kaufen im Supermarkt Maxima (täglich bis 22Uhr geöffnet) noch ein bißchen Bier (natürlich wieder nur für die künftigen Mitsegler 😉 ) und Jochen darf auch noch auf einem anderen Segelboot der Kapitän sein.
Ja und dann haben wir wohl wirklich alles Sehenswerte gesehen, fahren zur Karoline zurück und machen noch einen Mittagsschlaf.
Morgen gehts nun aber wirklich los! Jochen hat die kleine Selbstwendefock ganz weit weggeräumt und vertraut auf Genua-Wetter – na hoffentlich.
Das Genua-Wetter und viel Sonne hatten wir wirklich. Auf Grund der günstigen Windverhältnisse haben wir 2 Häfen ausgelassen und sind mit durchschnittlich 6,9kn (für Nichtsegler: dies ist extrem schnell!) und einer Maximalgeschwindigkeit von 9,8kn bis nach Lohusalu durchgerauscht.
Eine gleich große auch aus Deutschland stammende Hanse (ein Segelboot das in Greifswald gebaut wird) haben wir überholt und schnell im Achterwasser aus den Augen verloren.
Hier im Hafen ist schon alles auf Mittsommer eingestellt, ein kleines Lagerfeuer wartet darauf angezündet zu werden. Jochen konnte sich gerade noch zurückhalten…
Und im Hafenrestaurant gab es wieder Fischsuppe. Diesmal ganz bodenständig – nicht mit Muscheln, Shrimps&Co – sondern mit hiesigem Fisch, Lorbeerblatt, Pfefferkörnern und Dill.
So hätte ich das auch gemacht 😉 .
Abends waren wir in dem ganz neuen, ganz tollen Sanitärgebäude noch in der Sauna. Die Besatzungen der beiden finnischen Boote die neben uns liegen, hatten das vorher auch schon gemacht. Wie heisst doch das schöne finnische Sprichwort ‚Der Tag an dem Du nicht in der Sauna warst ist ein verlorener Tag‘ .
Am Dienstag stand nach einem ausgiebigen Frühstück im Cockpit und Spaziergang an der Ostseeküste große Wäsche und Bootsreinigung an.
Die Häfen und Sanitäranlagen sind alle fast neu und in einem sehr guten Zustand, viele sind fast als luxuriös zu bezeichnen. Wie uns der finnische Nachbarsegler sagte, müssen die Esten nur 25% der Investsumme aufbringen der Rest kommt von der EU. Dies erklärt einiges.
Heute (Mittwoch 10.06.2015) sind wir nach Tallinn gesegelt, wiederum beste Segelbedingungen. Allerdings kann man anscheinend Wettervorhersagen vergessen, statt der angekündigten 4-5 Windstärken hatten wir 6-7!
Wir liegen in einem Yachtclub in der Nähe vom Olympiahafen von 1980 und sind mit dem Bus zu einer Kurzvisite in die Altstadt gefahren. Jochen hat sich die Haare schneiden lassen (echter Sommerschnitt fast wie zu Beginn der Wehrzeit 1975 – extrem kurz) und dann waren wir im Verhältnis zu den vorherigen Restaurants teuer schlecht essen. Auch in Sachen Fischsuppe rangierte das Restaurant in der Tallinner Altstadt ganz hinten, deshalb gibts auch nur ein kleines Bild.
Wir haben zu zweit etwas über 50€ bezahlt, in Lettland lagen wir zu viert noch unter 50€.
Abends waren wir noch im hiesigen Supermarkt (tägl. 8-23Uhr) und standen staunend vor einem riesigen Angebot an wundervollen bunten Torten. Hier nur ein kleiner Ausschnitt davon.
Freitag, 12.06.2015
Jetzt sind auch Anne und Sebastian eingetroffen und werden uns die nächsten 14 Tage begleiten.
Gemeinsam haben wir in der Altstadt einen Kirchturm bestiegen von dem man einen tollen Blick auf Tallinn hatte und waren in einem riesigen Einkaufszentrum gleich am Kreuzfahrtterminal. Dort kann man neben viiiieeel Alkohol (für die finnischen Kreuzfahrer) die unglaublichsten Sachen aus Fernost-Produktion kaufen.
Wer mag kann ja mal in das rechte Bild reinzoomen um die Aufschriften auf den T-Shirts zu lesen 😉 .
Da wir uns nun gerade aus Estland verabschieden, wird es Zeit auf die Schönheit der estnischen Sprache hinzuweisen. Es gibt so schöne Worte wie: ‚Bussiterminal‘ – was wohl bedeutet, dass man sich beim Einsteigen in den Bus liebevoll verabschieden soll.
Ansonsten lieben die Esten jede Art von doppelten Vokalen, am liebsten scheinen sie das Üüüüü zu mögen.
Manchmal gibt es in dieser schwierigen Sprache aber durchaus verständliche Worte!
Am 14.06.2015 waren wir abends noch in einem sehr interessanten Restaurant – Pegasus.
Anfang der 60er Jahre wurde dieses Haus als Schriftsteller-Wohnhaus und Literaturzentrum gebaut. Sicherlich auch um die Querdenker besser unter Kontrolle zu haben. Heute wird es von Architektur- und Kulturinteressierten jungen Esten betrieben (einer ist der Sohn eines Schriftstellers). Dementsprechend ist das ganze Gebäude seeehr stylish eingerichtet und man hat den Anspuch ‚Nordic Cuisine‘ auch in Estland bekannt zu machen. Wir waren wie immer von der Freundlichkeit der jungen Kellnerinnen und auch von der Qualität des Essens begeistert.
Montag 15.06.2015
Der Wetterbericht hat immer noch westliche Winde mit 5-6Bft angesagt. So machen wir uns morgens auf den Weg zu unserem großen Ziel Sankt Petersburg.
Da der WLAN-Zugang doch nicht wie vorhergesagt überall vorhanden ist kann ich nicht alle sehenswerten Bilder ins Internet stellen oder aktuell berichten.